Im Ersten und Zweiten Weltkrieg starben Millionen Menschen auf allen Seiten. Dabei handelte es sich nicht nur um Soldaten und Kriegsgefangene, sondern auch um zivile Opfer: Männer, Frauen und Kinder, die in Folge von Bombenangriffen, Hunger und Krankheiten ums Leben kamen oder weil sie aus politisch-ideologischen Gründen verfolgt und ermordet wurden. Heute gelten Soldaten und Zivilisten gleichermaßen als „Kriegstote“ und haben ein gesetzlich verankertes „ewiges Ruherecht“: Ihre Gräber dürfen niemals beseitigt werden, sondern der Staat muss sie auf seine Kosten dauerhaft erhalten und pflegen.
Für die Bundesrepublik Deutschland übernimmt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. seit 1952 diese Aufgabe im Ausland und betreut mehr als 833 deutsche Kriegsgräberstätten in 46 Staaten, auf denen 2,7 Millionen Kriegstote liegen. Im Inland ist die Pflege von Kriegsgräberstätten Aufgabe der Kommunen. Aber auch hier ist der Volksbund unterstützend tätig und betreut allein in Niedersachsen 1.400 Kriegsgräberstätten mit ca. 250.000 Kriegstoten.
Bis Ende der 1990er Jahre standen dabei die bauliche Instandsetzung und Neugestaltung von Kriegsgräberstätten sowie die Identifizierung und Umbettung unbekannter Kriegstoter im Vordergrund. Dies bleibt auch weiterhin eine zentrale Aufgabe des Volksbundes, insbesondere in Osteuropa. Aber je länger die beiden Weltkriege zurückliegen, umso wichtiger wird es, Kriegsgräberstätten als Lernorte (neu) zu entdecken und sie für Schülerinnen und Schüler, die sie von allein wohl kaum besuchen würden, in doppeltem Sinne „zugänglich“ und erleb- und begreifbar zu machen.
Vor diesem Hintergrund gestalteten Cos Tözen, Bildungsreferent im Bezirksverband Hannover des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., und sein Praktikant Friedrich Wilke am 13. und 15. Juli 2021 jeweils einen Projekttag mit den Klassen 8a und 8b der Carl-Benscheidt-Realschule Alfeld/Leine. Begleitet wurden sie von den Lehrkräften Annika Freier, Dagmar Reimann, Silke Orthuber und Christian Scharnefsky.
Die Schülerinnen und Schüler erhielten im Klassenraum zunächst einen kurzen Überblick über Geschichte und Tätigkeitsschwerpunkte des Volksbundes sowie über die Veränderungen des Gedenkens an Kriegstote in den letzten 100 Jahren. Dabei konnten die Schülerinnen und Schüler Nachfragen stellen und zum Teil auf eigene Recherchen zu Kriegsgräberstätten oder „Kriegerdenkmälern“ an ihrem Wohnort zurückgreifen, die sie im Mai 2021 im Rahmen einer Langzeitaufgabe im Geschichtsunterricht durchgeführt hatten.
Anschließend machten sich die Klassen auf den Weg zum Stadtfriedhof Alfeld. Dort befinden sich die Grabstätten von 66 Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie von 17 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, die im Zweiten Weltkrieg bei ihrem Einsatz in kriegswichtigen Alfelder Betrieben ums Leben gekommen sind. In Kleingruppen beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen Einzelschicksalen, zu denen Cos Tözen und Friedrich Wilke Informationen aus den umfangreichen Datenbanken des Volksbundes zusammengestellt und Arbeitsaufträge formuliert hatten.
Nach dem Austausch der Ergebnisse im Plenum legten die Schülerinnen und Schüler ihre Blätter und Stifte beiseite, griffen zu Schwamm, Moosschaber und Wassereimer und reinigten symbolisch, aber auch ganz praktisch jeweils einen von ihnen selbst gewählten Grabstein. Auf diesem Kriegsgrab legten sie dann eine Blume nieder – und konnten so jeweils still für sich den Projekttag beschließen.
Die beiden Projekttage waren nicht die erste Zusammenarbeit zwischen der Carl-Benscheidt-Realschule Alfeld und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., sondern setzen eine schon seit mehreren Jahren eng gepflegte Kooperation fort. Weitere gemeinsame Vorhaben sind in Planung.
„Auch der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Bezirksverband Hannover) hat auf seiner Homepage einen Beitrag über die Projekttage veröffentlicht:“ https://hannover.volksbund.de/aktuell/nachrichten/detailseite/projekttage-mit-der-carl-benscheidt-realschule-in-alfeld